INFRAROTHEIZUNG WIRTSCHAFTLICH UND ÖKOLOGISCH NICHT ZU TOPPEN

Engergieexperte Prof. Timo Leukefeld:
Hier ist die Infrarotheizung „wirtschaftlich und ökologisch nicht zu
toppen“
Auszüge aus einem Interview vom 15.11.2024 mit Michael Fabricius von der Zeitung "Welt”  (z.T. gekürzt)
Foto vorangegangene Seite: Felix Adler
 

Immer komplexere Technik etwa für Heizsysteme lassen die Kosten für Eigentümer aus dem Ruder laufen, sagt Prof. Timo Leukefeld, Energie-Experte und Berater für Politik und Wirtschaft. Er hat einen Vorschlag, wie Häuser  günstig mit Energie versorgt werden können. Von einer Wärmepumpe nimmt er dabei deutlichen Abstand. Immer weniger Hausbesitzer planen eine energetische Rundum-Sanierung, Neubauten wiederum sind so teuer, da sie nur für obere Einkommensschichten noch bezahlbar sind.  Seit Jahren setzt er sich mit der Frage auseinander, wie ein Wohnhaus möglichst energieautark sein kann. Und inzwischen lautet für ihn die Antwort: mit möglichst wenig Technik und möglichst viel eigener Stromerzeugung.



Timo Leukefeld: Wir stopfen unsere Häuser mit Technik voll, z.B. mit  Wärmepumpen mit kilometerlangen Wasserleitungen für Heizung und Kühlung und schauen dann entsetzt auf das, was ein normales Einfamilienhaus heute kostet. Schon in der Anschaffung ist das alles sehr teuer. Und da stellen wir immer häufiger fest: Die Wartungs- und Reparaturkosten der Haustechnik laufen aus dem Ruder und werden in Zukunft die eingesparten Energiekostenübersteigen.


WELT: Manche Hausbesitzer sind ja schon froh, wenn sie überhaupt jemanden finden, der eine Heizung optimal einstellen und warten kann.

Leukefeld: In zehn Jahren könnte es sein, dass die Stunde eines Heizungsbauers 200 Euro kostet, zuzüglich der immer weiteren An- und Abfahrt. Weitet sich der Fachkräftemangel in der Branche aus, wird irgendwann niemand mehr ans Telefon gehen, wenn hochkomplexe Wasserheizsysteme kaputtgehen.

WELT: Bestehende Wohngebäude in Deutschland sind auf einem höheren Effizienz-Niveau als in den meisten anderen EU-Staaten.

Leukefeld: Durch die sehr guten Gebäudehüllen und die sich im Zuge des Klimawandels einstellenden milderen Winter verliert Heizen an Bedeutung. Die langen sehr kalten Wintergibt es kaum noch. Damit gewinnen die anderen Energie- Verbrauchsarten – Warmwasser, Haushaltsstrom und E-Auto laden – relativ an Bedeutung. Ich halte es deshalb für falsch, zehntausende von Euro allein in die Heizung eines Einfamilienhauses zu investieren. Man muss ein Haus ganzheitlich betrachten, die verfügbaren Energiequellen, die Substanz, das Nutzerverhalten.

WELT: Sie plädieren auch für Infrarot-Paneelen anstelle von Radiatoren oder Fußbodenheizungen. Für diese Paneele wäre aber wohl kaum genug Strom übrig.


Leukefeld: Im Herbst und Frühjahr schon, da gibt es immer noch Spitzenzeiten, zu denen ich überschüssigen Strom in Infrarotpaneele leiten kann. Man muss aber auch bedenken, dass das E-Auto ja nicht ständig an der Ladebox hängt, und auch der Warmwasserspeicher ist meist schon am Vormittag wieder solar aufgeladen. Heute helfen zudem Smartphone-Apps als Energiemanager automatisch dabei, den PV-Überschussstrom von März bis Oktober sinnvoll zu verteilen und die Priorität zwischen Warmwasser, E-Auto und Infrarotheizung jederzeit zu verändern.


WELT: Das klingt aber nicht nach weniger, sondern nach mehr Technik und mehr Ausgaben.


Leukefeld: Ich meine eher möglichst wartungsfreie Technik. So eine Energiemanager-Box ist einmal installiert, kostet 200 Euro und verteilt dann nur die Daten und den überschüssigen Solarstrom. Die Bedienung per Handy ist wirklich simpel. Auch Infrarot-Paneele sind vergleichsweise günstig – halten aber mit 30 Jahren im Vergleich zu modernen Wärmepumpen doppelt so lange und sind wartungsfrei. Aus Gesprächen mit Installateuren und Fachleuten der Hersteller weiß ich: Die durchschnittliche Lebensdauer eines neuen Gasbrennwert-, Holzpelletkessel oder einer neuen Wärmepumpe beträgt 12 bis 15 Jahre.
Der amerikanische Ökonom und Zukunftsforscher Jeremy Rifkin sagt, dass wir ab 2040 eine Art Internet der Energie haben werden, mit einem ähnlichen Effekt wie beim Telefon, mit immer günstigeren Tarifen. Die Energie wird zu Grenzkosten nahe null in die Netze kommen. Der Sonnenstrom vom Einfamilienhausdach wird in zehn bis fünfzehn Jahren nur noch ein bis zwei Cent kosten.

Das ist der Grund, warum ich von den aufwendigen Wassersystemen immer weniger halte. Wir haben fertig gebaute Neubau- und Sanierungsprojekte mit inzwischen über eintausend Mieterhaushalten, die mit Infrarotpaneelen heizen. Bisher haben wir beziehungsweise die Vermietungsgesellschaften keine Beschwerden. Im Gegenteil, viele dieser Mieter sagen, Sie würden wegen der staubfreien Luft, der angenehmen Strahlungswärme und der schnellen Regelbarkeit der Infrarotheizung nicht mehr in eine Wohnung mit Fußbodenheizung ziehen wollen.

WELT: Ein zentrales Argument für die Wärmepumpe lautet: Aus einer Einheit Strom werden drei Einheiten Wärme. Das Verhältnis bei Infrarotpaneelen ist nur eins zu eins. Auch deshalb wird Infrarot nicht so gefördert wie die Wärmepumpe.

Leukefeld: Die Wirtschaftlichkeit ergibt sich aus dem Verhältnis Aufwand zum Nutzen. Es gibt zahlreiche Forschungsarbeiten und Vermessungen von tatsächlich erreichten praktischen Jahresarbeitszahlen bei Wärmepumpen, und ich selbst kenne viele Daten aus der Realität. Ein Verhältnis von eins zu drei, so wie Sie es beschreiben, wird in Bestandsgebäuden auf Dauer nur selten erreicht. Die Förderung für Wärmepumpen erfolgt aus politischen Gründen, um die Geräte erschwinglich zu machen. Eine komplette Wärmepumpenanlage mit Fußbodenheizung für einen Neubau kostet beispielsweise etwa viermal so viel wie eine komplette Infrarotheizung und hält dabei nur halb so lange. Da ist klar, was wirtschaftlicher und auch ökologischer ist.


Michael Fabricius beschäftigt sich schon seit einigen Jahrzehnten mit
Immobilienthemen und schreibt für WELT über alles, was Eigentümer,
Mieter und Investoren interessiert.
 

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